K wie Kapitulation

Beim der Zeitschrift Economist habe ich gelernt, dass eine der bei Wirtschaftswissenschaftler:innen beliebteren Methoden, eine Rezession früh zu erkennen, darin besteht, möglichst viele Veröffentlichungen auf das Wort “Rezession” zu durchsuchen. Je häufiger das sogenannten R-Wort verwendet wird, desto wahrscheinlicher schrumpft die Wirtschaft mehr als zwei Quartale lang (die technische Definition der Rezession). In den Sozialwissenschaften denken wir in solchen Fällen eher als selbsterfüllende Prophezeiungen. Aber wir sind uns mit den Wirtschaftskolleg:innen einig: Stimmungen sind wichtig.

An die Legende von der sich selbst erfüllenden R-Wort Verwendung musste ich denken, als mir heute zum ersten Mal im ukrainischen Bürger:innen-Radio das Wort “Kapitulation” begegnet ist.

In dem Bericht geht es um eine neues Umfrage vom Institut für Sozialwissenschaften in Kiew, in der das K-Wort gar nicht vorkommt. Gefragt wurde danach, wie erträglich oder unerträglich die Befragten zwei Friedenspläne finden: Den europäischen mit eingefrorener Front und Sicherheitsgarantien oder den russischen, der einer Kapitulation der Ukraine entsprechen würde.

Links der europäische Plan, rechts der russische. In grau unentschlossen, in dunkel- und hellbau deutliche und notgedrungene Zustimmung, in orange geht gar nicht.

Der Radiosender betont in seinem Bericht, dass es 17 Prozent Akzeptanz für eine Kapitulation zwar nur eine kleine Minderheit sind, dass es diese Minderheit aber gibt und dass sie Ernst genommen werden muss. Eine mutige Sendung und ein trauriger Moment für alle diejenigen, die allen Menschen in der Ukraine einen für die erfreulichen Frieden gönnen.


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