In einem großen AKW

Über das russische besetzte AKW Saporischja, in dessen direkter Nähe ein derzeit sehr aktiver Frontabschnitt verläuft, wird sowohl in russischen als auch ukrainischen Medien als auch der Internationalen Atomenergieagentur IAEA regelmäßig berichtet.

Zunächst ein Blick auf die sachliche, um Deeskalation bemühte Mitteilung 315 der IAEA vom 24. September 2025:

Zum zehnten Mal seit der Beginn der Eskalation des russisch-ukrainischen Krieges am 24. Februar 2022 kam es zu einem Komplettausfall der Stromversorgung des Geländes.

Alle Dieselaggregate der Notfalllstromversorgung sind angesprungen und die Kühlungpumpen für die heruntergefahrenen Reaktoren und ihre Brennelemente laufen, es ist genug Generatortreibstoff für 20 Tage auf dem Gelände des AKWs, alles so weit so relativ gut.

Trotzdem möchte wohl keiner von uns im Westen, egal, wie wir zu Atomkraft stehen, an diesem besonderen Arbeitsplatz sein. Um die Teams dort geht es in diesem Post, als Beispiel für russische versus ukrainische Berichterstattung.

Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtet, dass der Direktor des AKW sich freut, dass alle Mitarbeitenden zertifiziert sind und nach russischen Standards arbeiten, dass der Prozess der Integration des AKW in die russische Struktur bis Ende des Jahres abgeschlossen sein wird.

Die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform berichtet unter Berufung auf Truth Hounds von systematischem Zwang, von Inhaftierung und Folter von Beschäftigen, die keine russischen Verträge unterschreiben wollen bzw. wollten. Die Fälle von 78 Beschäftigen sind dokumentiert.

Wir alle kennen den Spruch, dass im Krieg die Wahrheit zuerst stirbt, auch wenn seine Herkunft umstritten ist. Wenn ich so unterschiedliche Berichte der Nachrichtenagenturen lese, frage ich mich immer, was passiert, wenn jemand nur eine von beiden Quellen liest. Verständnis entsteht so bestimmt nicht.

Ich habe etwas mehr Vertrauen in Ukrinform und Truth Hounds als in TASS. Aber auch Ukrinform hat seine Scheuklappen. Eventuell neben den Repressionsopfern auch existierende AKW-Beschäftige, die freiwillig einen russischen Vertrag unterschrieben haben, kommen in der ukrainischen Berichterstattung nur als Verräter:innen und Agent:innen Moskaus vor.


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