Haushaltswochen

Es ist Herbst, und überall werden die öffentlichen Haushalte debattiert und beschlossen. Eine Gelegenheit, mal wieder über Krieg und Geld zu schreiben.

Das Kiel Institut stellt regelmäßig Zahlen zu den Regierungshilfen für die Ukraine bereit, im zeitlichen Verlauf und im Vergleich zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bzw. dem Bruttosozialprodukt der Geberländer.

Deutschland ist bis 30. Juni 2025 mit rund 21 Milliarden Euro Hilfen an die Ukraine dabei, zuzüglich rund 42 Milliarden Euro für Geflüchtete. Für Europa insgesamt sind die entsprechenden Zahlen 166 und 90 Milliarden Euro. Große Summen, die auch deutlich machen: Ohne westliche Unterstützung kann die Ukraine diesen Krieg nicht führen.

Das wird in den ukrainischen Medien auch ganz offen thematisiert, z.B. aktuell der Bericht der Nachrichtenagentur UNIAN vom Gespräch des ukrainischen Präsidenten Zelensky mit Robert Metsola, dem Präsident des europäischen Parlaments im Zusammenhang mit dem ukrainischen Haushaltsentwurf. Für das Jahr 2026 werden für den Krieg 120 Milliarden Euro gebraucht, Zusagen gibt es erst für 60 Milliarden, zur Kriegskasse bitte hier entlang.

Alle ukrainischen Medien machen kein Geheimnis daraus, dass der Krieg ohne externe Unterstützung nicht fortgesetzt werden kann. Er dauert seit 3 Jahren, wird von beiden Seiten mit einem immensen Aufwand an Material und unter Einsatz wahnsinnig vieler Menschenleben geführt. Wer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Ukraine und Russland vergleicht, sieht sofort, warum externe Hilfe unerlässlich ist. Hier einige Zahlen von Worldometer:

UkraineRussland
Bruttosozialprodukt in Milliarden $1782.021
Weltrangliste Bruttosozialprodukt5711
Bruttosozialprodukt pro Kopf in $4.73713.899
Anteil am globalen Sozialprodukt in %0,171,9

Die ukrainische Regierung verlässt sich fest darauf, dass “der freie Westen”, hoffentlich inklusive USA, notfalls vor allem die finanziell leistungsstarken EU-Länder und Großbritannien, entweder nur aus eigenen Mitteln oder in einer Kombination mit einer Enteignung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte, den Krieg bezahlen.

Ob “der freie Westen” offiziell Kriegspartei ist oder nicht, ist egal. Hauptsache, die Unterstützung kommt. Je mehr und schneller, desto besser bzw. sogar desto Traum, doch noch in einer Gegenoffensive das gesamte 1991er Territorium zurück zu erobern. Jede einzelne Zusage wird von den Nachrichtenagenturen gefeiert. Je weniger und langsamer, desto gefährlicher, unter anderem für den Durchhaltewillen an der Front und im Hinterland.

Die russischen Staatsmedien sind in ihrer Berichterstattung über die westlichen Hilfe für die Ukraine auf einer ganz ähnlichen Linie, natürlich mit umgekehrten Vorzeichen. Donald Trump wird für seine Zurückhaltung gefeiert, über die Ukraine-Hilfen-kritische Opposition in Deutschland und Frankreich wird fleißig berichtet. Nicht erwähnt wird, dass und wie sehr die russische Regierung auf Unterstützung u.a. aus BRICS-Ländern, vor allem aus China, angewiesen ist, um die Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen abzumildern.

Ich frage mich nicht erst seit der Bildern von der Militärparade in Peking zum 80ten Jahrestag des Sieges im II. Weltkrieg, ob der nachträgliche Unabhängigkeitskrieg der Ukraine nicht auch ein Stellvertreterkrieg zwischen den beiden wirtschaftlichen Großmächten USA und China ist. Noch mal Worldmeter, ein Screenshot der Top 7 Länder:

Worldmeter Länder nach BSP

Wer da wen in seinem Wettbewerb mit wem wie instrumentalisiert (hat), wird sicher erst lange nach dem Waffenstillstand (oder Friedensabkommen) diskutiert. Vielen toten Ukrainer:innen und Russ:innen nutzt es so oder so nichts.


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