Es ist schon seltsam: Als uralte anti-AKW-Streiterin war ich schon gegen Atomkraftwerke, als das noch eine mini-mini-Minderheiten-Außenseiter:innen-Position war, also vor 3-Miles-Island und Tschernobyl. In den Jahrzehnten seitdem hat sich einiges getan, u.a. in Deutschland der Atomausstieg.
Jetzt lerne ich seit drei Jahren ukrainisch, weiß, wie sich Tschernobyl auf ukrainisch schreibt, und bin fast jeden Tag entsetzt, wie selbstverständlich und unterberichtet rund um die dortigen stillgelegten Atommeiler, rund um die direkt auf der Front stehenden heruntergefahrenen Atommeiler in Saporischschja und rund um die noch laufenden (ja, mitten im Krieg wird Atomstrom produziert) Atommeilern Chmelnitzkyj, Riwne und Südukraine Krieg geführt wird – mit Marschflugkörpern, ballistischen Raketen und Drohnen.
Das wackere Team der internationalen Atomenergieagentur IAEA beobachtet die Situation, reist immer wieder in das Kriegsgebiet und versucht, die beiden Kriegsparteien davon zu überzeugen, mit ihren Kampfhandlungen einen großen Bogen um die AKWs und die zur Vermeidung einer Kernschmelze notwendige Infrastruktur zu machen. Mit bedingtem Erfolg.
Im Update Nummer 330 berichtet die IAEA unter anderem zur Situation bei den laufenden AKW:
Separately, this week at Ukraine’s three operating nuclear power plants – Khmelnytskyy, Rivne and South Ukraine – electricity output has largely returned to normal after last week’s military attacks on the electrical grid. Nearly all power units are now operating at full capacity, with only one unit remaining at reduced power. Additionally, the high voltage power lines lost during the attacks have all been restored.
Auf deutsch: Unabhängig davon (Verweis auf die vorherige Passage, d. Red.), ist die Stromerzeugung bei den drei laufenden Kernkraftwerken – Chmelnitzkyj, Riwne und Südukraine – weitgehend zurück auf normalem Niveau nach den militärischen Angriffen auf das Stromnetz in der letzten Woche. Fast alle stromerzeugenden Einheiten arbeiten jetzt in Vollast, nur eine Einheit arbeitet noch mit verringerter Last. Außerdem konnten alle bei den Angriffen beschädigten Hochspannungsleitungen wiederhergestellt werden.
Uff, das ist dann noch mal gut gegangen… Das Letzte, was die Ukraine, Europa, die Welt zu allem aktuellen Ärger noch braucht in der nächste Reaktorunfall, der auch ohne Krieg irgendwann passieren wird.